Alltag, Reisen

Auslandssemester mit Zöliakie – Vorbereitung und erste Erfahrungen

Hallo ihr Lieben,

wie einige von euch vielleicht schon auf meiner Instagram Seite mitbekommen haben, bin ich seit Anfang August für ein Auslandssemester in Schweden.

Ich möchte in diesem und auch sicher noch folgenden Beiträgen, gerne meine Erfahrungen und Ängste mit euch teilen. Ich finde es wichtig, sich darüber auszutauschen und auch durchaus mal von negative Erfahrungen zu erzählen. Ich bin mir sicher, ich bin nicht die Einzige, die negative Dinge mit dieser Krankheit erlebt hat und auch sicher in Zukunft noch erleben wird. Ich persönlich fühle mich deutlich besser und weniger allein damit, wenn man sich austauscht.

Mich letztendlich für das Auslandssemester zu entscheiden war für mich wirklich eine große Herausforderung – die ich bisher definitiv nicht bereue.
Ein neues Land, eine andere Sprache, fremde Leute und „weit“ weg von zu Hause, Familie und Freunden zu sein und das für einen längeren Zeitraum ist für mich definitiv eine neue Erfahrung. Dennoch wollte ich mich in dieses Abenteuer stürzen und bin bisher mehr als froh, dass ich diesen Schritt gewagt habe.
Zu den gängigen Zweifeln und Ängsten kommen natürlich auch, definitiv keine unbegründeten, Ängste in Bezug auf den glutenfreien Alltag. Wie wird man diesen hier meistern? Kann man Gefahren aus dem Weg gehen? Wird die Zöliakie einen negativen Einfluss auf den sozialen Alltag hier haben?Natürlich ist in Deutschland alles eingespielt, Familie und Freunde wissen Bescheid, man weiß, wo man am besten seine glutenfreien Produkte kaufen kann, wo man gut essen gehen kann und man kann sich sicher sein, dass man eine Küche benutzt, in der alles frei von Kontaminationsgefahren ist.

Ich habe mir vorab viele Sorgen gemacht. Ich weiß von Freunden, die bereits im Auslandssemester waren, dass es viele gemeinsame Kochabende gibt (Oh nein! wie soll ich so vielen neuen Leuten erklären, dass ich kein Gluten vertrage?).
Ich wusste, dass man während der „Orientierungswoche“ hier mit Essen und Trinken von der Universität versorgt wird (Oh nein – wie unangenehm, wenn ich die einzige bin die nichts essen kann).
Ich wusste, es wird ein gemeinsames BBQ geben (Oh nein – Kontaminationsgefahr!).
Ich wusste, dass Pizza bestellt wird (Oh nein – ich bin bestimmt die Einzige, die nicht mitessen kann).
Ich hatte so viele Ängste und Sorgen in meinem Kopf. Aber irgendwann kam ich an einen Punkt, wo ich mir gesagt habe, es ist okay Angst davor zu haben und unsicher zu sein, aber ich muss mir bewusst machen, dass es nichts an mir und an dem Menschen ändert, der ich bin. Ich kann hier trotzdem die wohl beste Zeit meines Lebens haben, neue Freunde finden und letztendlich wirklich froh sein, dass es „nur“ das Essen ist, was mich teilweise einschränken wird.

Vor der Abreise:
Definitiv ist es wichtig, sich vorher über die glutenfreien Möglichkeiten im neuen Land zu informieren. Ebenfalls wichtig ist, sich die „verbotenen Zutaten“ in der jeweiligen Landessprache auszudrucken, denn diese braucht man auf jeden Fall um im Supermarkt die Inhaltsstoffe abgleichen zu können. Da es mit dem Auto nach Schweden ging habe ich natürlich eine große Ration an glutenfreien Produkten mitgenommen. Auch wenn ich wusste, dass in Schweden die Auswahl an glutenfreien Produkten sehr groß sein soll brauche ich die Sicherheit einfach. Ich fühle mich besser, wenn ich weiß, dass ich genügend Essen dabei habe. Das gilt für das Auslandssemester genauso, wie für einen Wochenend-Trip. Was mir persönlich noch wichtig war, war einen eigenen Toaster mitzunehmen – das kann ich wirklich jedem empfehlen!

Vor Ort:
Angekommen wurde erst mal das Wohnheim inspiziert. Ich wohne hier in einem Studentenwohnheim. Habe ein Einzelzimmer mit Bad, teile mir jedoch die Küche mit bis zu 15, oder manchmal auch mehr, Leuten. Das Gute hier ist, dass jeder seine eigenen, neuen, Küchenutensilien bekommt. Das heißt, man kocht in seiner Pfanne,  isst mit seinem Teller und so weiter. Nach dem Essen nimmt man wieder alle mit auf sein Zimmer und so kann ich mir sicher sein, dass kein Anderer die Sachen benutzt. Eigene Spülschwämme und Geschirrhandtücher habe ich mir auch gekauft, insofern kann man auch da absolut sicher vor Kontamination sein. Wenn ich „allgemeine“ Dinge aus der Küche benutze spüle ich einfach immer noch einmal alles erneut ab, das ist zwar nervig, würde ich aber wohl auch ohne Zöliakie machen, einfach um sicher zu gehen, dass alles sauber ist! 😉
Witzig ist, dass ich in einer Küche mit einem anderen Mädchen aus Österreich bin, die auch kein Gluten verträgt. Sie hat zwar keine Zöliakie, aber so kann man wenigstens gemeinsam glutenfreie Nudeln oder andere leckere Dinge kochen! 🙂

In den ersten Tagen ging es natürlich auch in den Supermarkt. Wenn ich eines liebe, dann ist es im Ausland in den Supermarkt zu gehen und nach dem glutenfreien Angebot dort zu schauen. Ich liebe es neue Sachen zu finden und sie zu probieren und hier in Schweden war ich wirklich einfach sprachlos. Das Angebot an glutenfreien Sachen ist überragend! Nicht nur in den Regalen, auch in der Tiefkühlabteilung gibt es massig Auswahl an wirklich allem, was das Herz begehrt (z.B. Zimtschnecken). Ebenfalls sind hier viele Restaurants wirklich gut informiert und haben gut gekennzeichnete Speisekarten.

Nach drei Tagen Eingewöhnungszeit begann die „Orientierungswoche“ hier genannt „Nollningen“. Hier eine kleine Zusammenfassung meiner wirklich positiven Erfahrungen mit dem Umgang mit glutenfreiem Essen:
Anfangs musste man auf einem Bogen ausfüllen, ob man Allergien hat. Natürlich habe ich Zöliakie/Gluten dort hin geschrieben, aber ehrlich gesagt nicht wirklich erwartet, dass sich jemand dafür interessiert/darum kümmert.
Direkt am Anfang wurde ich eines Besseren belehrt. Es gab Hot Dogs – ich habe mich gar nicht erst angestellt, bis ich mitbekommen habe, dass extra glutenfreie Hot Dog Brötchen für mich gekauft wurden… das hat mich super gefreut!
An zwei Abenden wurde hier Pizza bestellt für Alle – es gibt tatsächlich Lieferdienste, die hier glutenfreie Pizza liefern – ebenfalls ein absolut positives Erlebnis.
Typisch Schwedisch ist hier die sogenannte „Fika“. Das bedeutet Kaffee trinken und dazu gibt es dann viele süße Gebäcke und Kekse. Natürlich haben wir auch das in unserer großen Gruppe an einem Nachmittag gemacht – wieder wurden für mich extra 3 verschiedene glutenfreie Kekssorten gekauft.
Das Gleiche bei einem gemeinsamen Frühstück – es gab glutenfreies Brot. Generell sollte ich mir immer zu erst nehmen – was nicht unbedingt das schlechteste war :-)) so wurde außerdem die Kontamination umgangen. Na klar, da gab es dann die unangenehmen Momente, in denen man vor der ganzen Gruppe nach vorne gehen musste, weil nach der „glutenfreien“ Person gefragt wurde – aber hey, ich war überrascht wie viele Leute daran interessiert waren mehr davon zu erfahren. Klar, es gibt immer welche, die mit ihren schlauen Sprüchen um die Ecke kommen, seit wann es „gesund“ ist kein Gluten zu essen etc., aber da versuche ich so gut es geht drüber zu stehen. Ich bin ehrlich, es klappt nicht immer, definitiv nicht, aber ich habe das Gefühl, dass ich das Ganze immer weniger an mich ran lasse.

Mein bisheriges Fazit:
Bisher überwiegen tatsächlich die positiven Erfahrungen! Deutlich. Aber natürlich, wird es immer die Momente geben, in denen einem einfach nur nach weinen ist. Das ist zumindest bei mir so. Wenn alle gemeinsam kochen und du spontan gefragt wirst, ob du auch mitessen magst. Wenn dir schwedische Spezialitäten angeboten werden, du aber ablehnen musst und das Gefühl hast die Person denkt nun, du bist desinteressiert oder unfreundlich obwohl du einfach nur keine Lust hast dich wieder „stundenlang“ zu erklären. Sei es beim Beerpong Turnier, wo du als fast Einzige nicht mitspielen kannst. Seien es die doofen, „schlauen“ Sprüche von unwissenden Idioten. Das passiert, leider, und damit muss man leben und lernen umzugehen. Manchmal sind es wohl für andere Menschen banale Dinge aber für mich ist das dann ein ganz schlimmes Gefühl.
Dem gegenüber stehen dann natürlich die positiven Momente, in denen die Leute wirklich Rücksicht nehmen, sich für diese Krankheit interessieren, dich sogar in Schutz nehmen.
Oder einfach nur der Besuch im Supermarkt, wo man wirklich vor lauter glutenfreier Auswahl nicht weiß, was man nehmen soll. Sei es das kleine Café, dass glutenfreie Kuchen anbietet und ein Restaurant, in dem man glutenfreie Pasta bekommt. Diese Momente muss man sich in blöden Situationen immer wieder vor Augen führen und ich bin wirklich dankbar, dass ich die Krankheit mit einer strikt glutenfreien Ernährung im Griff habe. Es ist nicht immer einfach – aber das Leben wäre doch langweilig, wenn es einem immer einfach wäre 😉

Letztendlich bin ich mehr als froh hier zu sein und freue mich darauf, euch weiter an meinen Erfahrungen hier teilhaben zu lassen!

Untenstehende findet ihr ein paar Fotos  🙂

Tillsammans, Halmstad

  

Glutenfreie Pizza


Eure Caro

 

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